Karneval der Kulturen 2014

Blindheit 2013

Das war genau genommen mein zweiter Besuch bein Karneval der Kulturen. Ich habe mit letztes Jahr mit einem guten Freund den Umzug angesehen und war nicht besonders begeistert. Irgendwie haben wir es aber geschafft das Straßenfest, auf dem sich einige 100.000 Menschen getummelt haben, zu übersehen. Dabei waren wir vielleicht 100 Meter davon weg. Den Umzug fanden wir nur so mittel spannend Wir waren deshalb nicht all zu lange da und sind dann nach Neukölln aufgebrochen. Fotos habe ich letztes Jahr nicht gemacht, aber googeln hilft.

Samstag und Sonntag: Ich habe den Karneval der Kulturen gefunden

Dieses Jahr war ich besser vorbereitet und habe mich auf der Webseite informiert. Die Seite gibt aber längst keinen vollständigen Eindruck von der Vielfältigkeit, die man dort erleben kann. Ich war etwas voreingenommen, da sich (soweit ich weiß zum ersten Mal in diesem Ausmaß) im Vorfeld einige Kritik bemerkbar gemacht hat.

Wenn man am Halleschen Tor ankommt, kann man von der U1 aus (das ist die U-Bahn, die auf Stelzen fährt) schon einen ersten Eindruck vom Getümmel erhalten. Der erste Musiker sitzt direkt am Ausgang der Haltestelle und gibt elektronische Töne von sich. Direkt auf der anderen Seite des Landwehrkanals steht schon die erste Bühne. Dort spielten die Bohemian Betyarsdie mit ihrem Speedfolk viel Spaß gemacht haben.

Bohemianbetyars auf dem Karneval der Kulturen 2014

Bohemian Betyars mit Kopf

 

Ich würde es Punk-Polka nennen, was die Jungs da gespielt haben. Die Lieder handeln, soweit aus den Ansagen ersichtlich vom Saufen von Frauen und Alkohol und Mädchen. Auf jeden Fall gingen die Musiker und das Publikum gut ab. Am Ende verkündeten sie, im Herbst nach Berlin ziehen zu wollen. Willkommen in Berlin.

Mulitkulti Fressmeile

Von dieser Bühne geht es dann in zwei Richtungen weiter. Man kann ein großes Karee ablaufen in dem sich Fressbude an Verkaufsstand reiht. Gerade an diesem Teil hat dich die Kritik am Karneval der Kulturen festgemacht. Meiner Schätzung nach könnte etwa die Hälfte der Stände auch auf einer rheinischen Kirmes stehen. Ein weiteres Viertel sind Verkaufsstände, die etwas ungewöhnlicher sind und das letzte Viertel ist wirklich speziell.

Unter diesen Ständen finden sich viele, die offensichtlich bereits seit längerem improvisiert sind. An einigen wird Live-Musik aus dem Herkunftsland gespielt, an vielen Folklore aus der Konserve. Es gibt skurrile Schilder wie an einem Stand an dem „polnisches Volksholz“ angeboten wurde. Am Ende waren es nur Schnitzwerk unseres östlichen Nachbarn. Ich muss mal dringend die Bekannten, die gerne Biere ausprobieren zu Pfingsten nach Berlin locken. Das Angebot an außergewöhnlichen Bieren aus aller Welt reicht für mehr als drei Tage, eher drei Monate.

Ist diese Verteilung von reinem Kommerz und Außergewöhnlichem nun gut oder schlecht? Ich bin am Ende nicht ganz entschieden. Es wird wohl auch zur Finanzierung beitragen und so geht es wohl noch in Ordnung.

Karneval der Kulturen auf dem Blücherplatz

In der Mitte der Fressmeile liegt der Blücherplatz, auf dem viele Kulturvereine etwas veranstalten. So habe ich Spanier (oder Katalanen?) beim Pyramiden bauen gesehen.

Spanische Pyramide auf dem Karneval der Kulturen

Spanier beim Hochstapeln

Daneben bot ein türkischer Kulturverein die ganze Zeit Programm. So habe ich zum ersten Mal die türkische Folklore, die relativ wenig dynamisch ist (Ich habe keine Ahnung wie man sie nennt), live gesehen. Der Sänger war so unbeweglich, wie die Musik dynamisch ist.  Ich habe erstmals verstanden, wieso man diese Musik mögen kann. Zudem gab es dort Fleisch im Brot sowie Bier zu zivilen Preisen.

Auch nach Einbruch der Dunkelheit war der Blücherplatz sehr gut besucht. Aus allen Ecken tönt Musik. Das ganze wirkt erfrischend unorganisiert, tolerant und vielfältig. Hier ist wirklich „Karneval der Kulturen“.

Am Ende habe ich das Straßenfest als genau das erlebt: Ein Fest für die Menschen, die in aus aller Welt nach Berlin gekommen sind um hier zu leben oder auch nur um einige gute Tage zu verbringen. Wenn sich der Kommerz weiter im Rahmen hält, kann es noch für viele Jahre ein tolles Fest sein. So ist es auf jeden Fall eine absolute Empfehlung von mir.

 

 

 

Krefeld: Rückkehr und Abschied

Ich war zu Besuch in Krefeld.

Aufbruch im Herbst

Mein Aufbruch im letzten Herbst war etwas unrund. Ich musste mein Büro schließen und alle Betreuungsfälle an Kollegen übergeben. Dies war eine der intensivsten Arbeitsperioden in meinem Berufsleben. Ich habe mich nie leicht damit getan, Betreuungen abzugeben und nun musste ich von allen Betreuten Abschied nehmen. Natürlich war mein Verhältnis nicht zu allen gleich intensiv, aber einige waren mir doch ans Herz gewachsen und den ein oder anderen habe ich beinahe 15 Jahre begleitet. Dazu war jeder Abschied mit einer Menge Papierkram, Abrechnungen, Aktenübergabe usw. verbunden. Fast alles ist glatt gelaufen, der Stressfaktor war dennoch hoch. Gleichzeitig habe ich noch den Rest unseres Hausstandes nach Berlin gebracht, das Haus entrümpelt, den Sperrmüll bestellt und und und. So war mein Abschied, wenn auch lange geplant und erhofft, am Ende gefühlt plötzlich und überraschend.

Rückkehr im Frühjahr

Bis auf einen Kurztrip zu Karneval war ich seitdem nicht mehr in der Stadt, die für mich über 40 Jahre Heimat war. In meinem Urlaub habe ich deshalb die Gelegenheit genutzt, einige Tage in Krefeld zu verbringen. Ich musste noch einiges erledigen und hatte das Gefühl noch etwas emotional aufarbeiten zu müssen.

Zunächst stand aber eine ganze Menge praktischer Arbeit an. Nach einem halben Jahr war es dringend nötig, das Haus von oben bis unten zu putzen. Dabei wurde ich von meiner Mutter unterstützt, die uns im letzten Jahr auf vielerlei Arten unterstützt hat. Vielen Dank dafür. Dann habe ich alle noch im Haus verbliebenen Gegenstände in einen Raum gebracht und mich im Garten mit dem Rasenmäher durch kniehohes Gras gekämpft. Mein altes Büro, das als letzter Raum noch funktionstüchtig war, wurde von mir in Kisten gepackt und die Möbel abgebaut.

Schließlich habe ich noch den unteren Bereich des Treppenhauses mit eilig gekauftem Material neu gestrichen. Diese Kosmetik war notwendig, da gerade der Eingangsbereich von unseren Hunden verschmutzt worden war. So wirkte das Haus auf den ersten Blick abgewohnt, auch wenn sonst alle Renovierungsmaßnahmen regelmäßig durchgeführt wurden. Nach einem langen Gespräch mit unserem Makler erschien dies als gute Lösung die Verkaufschancen zu erhöhen. Das Haus an sich ist grundsolide und so soll es auch wirken. Gerade die Renovierung war viel Arbeit. Es war zwar eine weit übersichtlichere Arbeit als die grundlegende Aufarbeitung eines Hauses von meiner Kollegin (bei der ich auch ein paar Stunden mitgeholfen habe) aber für die kurze Zeit war genug zu tun.

Wiedersehen mit Freunden und ein historischer Sieg

Natürlich habe ich die Zeit auch genutzt, mich mit Freunden zu treffen. Das hat mir schon mal zwei schöne Abende beschert. Auch die langen Gespräche mit meiner Mutter haben mir Spaß gemacht.

Der Höhepunkt war aber die Kommunalwahl, bei der es der SPD-Krefeld zum ersten Mal seit Jahrzehnten gelungen ist vor der CDU zu landen. Mein lieber Freund Frank Meyer hat an diesem Sieg einen großen Anteil. Ich wünsche ihm bei der Oberbürgermeisterwahl im nächsten Jahr den Sieg, damit meine Heimatstadt wieder ein fähiges Stadtoberhaupt erhält. Dieses Jahr hat sich der Amtsinhaber Gregor Kathstede noch gedrückt, das ist nächstes Jahr nicht mehr möglich.

Zudem hat die SPD endlich die Verjüngung der Ratsfraktion geschafft. Dabei haben es einige Leute geschafft, die ich gut kenne und denen ich den Erfolg gönne. Ich denke, dass deren Engagement den Verlust an Erfahrung durch das Ausscheiden einiger erfahrener Ratsmitglieder wett machen wird. Die SPD ist jetzt in der Verantwortung zu liefern, was viel Arbeit bedeutet.

Der Abend war dann auch außerordentlich vergnüglich, was sicherlich auch daran lag, dass immer wieder ein gewonnener oder noch besser gekippter Wahlkreis zu vermelden war. Die Feier dauerte also etwas länger und ich wollte mich nicht verabschieden. Zwischendurch habe ich mich mit einer anderen Berlinerin über das Ergebnis der Volksabstimmung zum Tempelhofer Feld unterhalten.

Abschied vom Haus

Durch den Stress bei meiner Abreise im Herbst habe ich nicht wirklich emotional von unserem Haus und von Krefeld Abschied genommen. Das habe ich jetzt nachgeholt. Wenige Tage nach meinem Geburtstag habe ich mich an die großartigen Geburtstagsfeiern erinnert, die wir in unserem Garten gefeiert haben, auch an die Grillabende, die wir mit Freunden auf unserer Terrasse verbracht haben und an lauen Sommerabenden bis tief in die Nacht über Gott und die Welt erzählt haben. Dabei wurde ich schon etwas wehmütig. Ich bin nochmal durch alle Zimmer gegangen und habe Fotos gemacht um mich in Jahren noch daran erinnern zu können, wie alles ausgesehen hat.

Wenigstens hat mir Krefeld die Freude gemacht, mir zum Abschied mit typischem niederrheinischem Mistwetter nachzuwinken.

 

Abschied von unserem Haus in Krefeld

Abschied von unserem Haus in Krefeld

 

Als ich dann in Tegel in den Bus stieg dachte ich:

Auf Wiedersehen Krefeld!

Berlin: Gut wieder da zu sein.

 

 
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Was bliebe von Ai Weiweis Kunst, wenn er nicht politisch verfolgt würde?

Ein Ausflug in die Kunstkritik


 

Die Ai Weiwei Ausstellung „Evidence“  wurde ja im gesamten Feuilleton rauf und runter besprochen. Deshalb habe war ich neugierig, sie mir auch anzusehen. Es ist einer der Vorteile in einer Metropole zu leben, dass solche Veranstaltungen direkt vor der Tür stattfinden, auch wenn Düsseldorf da auch so dass ein oder andere zu bieten hatte.

Ich habe das Wirken von Ai Weiwei in den letzten Jahren verfolgt und wollte die Gelegenheit, mir seine Werke anzusehen, nicht entgehen lassen. Die Vorberichterstattung, nach dem es ihm weder möglich war die Ausstellung vor Ort zu konzipieren, noch sie zu eröffnen, hat mich zusätzlich neugierig gemacht.

Ich muss zugeben, mich mit Kunsttheorie und den aktuellen Trends in der darstellenden Kunst nur ganz am Rande beschäftigt zu haben. Mein Zugang zu moderner Kunst funktioniert also überwiegend über den ästhetischen Eindruck. Dabei bin ich konzeptioneller Kunst durchaus zugetan. So bin ich mit einer Mischung aus Erwartung, Neugier und zugegeben einer gewissen Skepsis auf die Ausstellung zugegangen.

Da meine Schwester zu Besuch ist und auch Lust auf die Ausstellung hatte, haben wir uns bei schlechtem Wetter in die Schlange vor dem Martin-Gropius-Bau gestellt. Wir mussten etwa 1/2 Stunde warten. Ich weiß nicht, wie voll es an Tagen ist, die keine Brückentage mit schlechtem Wetter sind. Die Berichte, dass die Publikumsresonanz niedriger als erwartet ist, kann ich jedenfalls nicht bestätigen.


 

Hocker (Stools)

Direkt von der Kassenhalle kommt man in die glasgedeckte Haupthalle des Museums. Dort wird man von 6000  Hockern empfangen, die im tiefer gelegenen Teil arrangiert sind. Die Hocker weisen alle Gebrauchsspuren auf, sind alle ähnlich und doch jeder ein Unikat. Der ästhetische Eindruck ist großartig und kann von meinem Handyfoto nicht wirklich eingefangen werden.

Die Beschreibung war von einer Besuchergruppe umlagert und so haben wir sie zunächst ignoriert. Ich war vom Auftakt so angetan, dass meine Skepsis zunächst verschwand. Von der Haupthalle ging es dann weiter in die kleineren Ausstellungsräume.

 

Chairs

 


 

Inseln aus Marmor, Vasen, Tierkreiszeichen und Marmortüren

Im ersten Raum waren stilisierte marmorne Modelle einer Inselgruppe zu sehen, um die sich China und Japan streiten. Das Kunstwerk soll für den Konflikt sensibilisieren. Ich wurde dadurch nur wenig sensibilisiert und bin recht bald in den Nachbarraum gegangen. Dort standen Han-Dynastie-Vasen, die mit Autolack bekannter Konzerne überzogen waren, um den Einfluss der ausländischen Wirtschaft auf die chinesische Kultur zu thematisieren.

Die faktische Zerstörung von historischen Gegenständen, um daraus neue Kunst zu schaffen, wirft für mich Fragen auf: Wie ist diese kreative Zerstörung zu bewerten? Darf der das tun? Ich habe darauf keine eindeutige Antwort. Auch wenn das ästhetische Erlebnis nur so mittel war, hat dieses Kunstwerk für mich „funktioniert“. Ich möchte meine nächste Han-Vase aber dann doch lieber nicht in silbergrau-metallic.

Nun folgten die Tierkreiszeichen (circle of animals), die mir aus dem Werk Ai Weiweis schon bekannt waren. Es handelt sich um Nachbildungen (oder Neuinterpretationen) von Skulpturen aus einem Pekinger Palastgarten. Die wechselvolle Geschichte der Originale wird ausführlich dargestellt und das Gesamtbild beeindruckt. Es handelt sich dabei aber im wesentlichen um Kopien, die bei mich an der Eigenständigkeit als Kunstwerk zweifeln ließen.

 

Hund

 

Im nächsten Raum waren antike Türen in Marmor nachgebildet um auf die Zerstörung von Kulturgütern hinzuweisen. So langsam erkennt man ein Muster: Objekte stehen nicht für sich, sondern dienen nur als Symbole für ein Unrecht, auf das sie hinweisen. Ist etwas wichtig, ist es aus Marmor. Ai Weiwei liebt Marmor. Bei mir machen sich erste Zweifel breit, ob das Konzept für mich stark genug ist.


 

Baustahl in Marmor und ganz viel Verfolgung Ai Weiweis

Als nächstes haben wir uns die künstlerische Aufarbeitung des Einsatzes für die Opfer eines Erdbebens angesehen. Beim Einsturz von Gebäuden sind offenbar viele Menschen, insbesondere Schulkinder, gestorben, da die Baustandards nicht eingehalten wurden. Wir wurden darüber informiert, dass die Behörden die Aufklärung massiv behindert hätten und es liegt der Gedanke nahe, das Korruption im Spiel war. Die ästhetische Qualität konnte da meiner Meinung nach nicht mithalten:

Verbogener Baustahl in Marmor (sic!) nachgebildet, naja.

Möbelähnliche Gebilde aus verbogenem Baustahl, unbefriedigend.

Verbogener Baustahl in einem Raum drapiert, während man informiert wird, dass die Gehilfen von Ai Weiwei massenweise verbogenen Stahl gerade gebogen hätten, unverständlich und irgendwie retro.

Dann kommt die Abteilung Ai Weiwei in der Selbstbespiegelung: Reste seines zerstörten Ateliers werden als Schrein drapiert. Er bildet Kleiderbügel nach, die er im Gefängnis hatte, um darauf hinzuweisen, dass er keine anderen Kleiderbügel hatte oder so ähnlich. Es gibt Handschellen aus Jade (aus unverständlichen Gründen diesmal kein Marmor), da er ja auch Handschellen tragen musste und noch vieles andere. Die Wände sind mit Schuldscheinen tapeziert, die er ausgegeben hat, als er sehr kurzfristig eine Steuerstrafe bezahlen musste, deren Berechtigung er bestreitet.

Alle Objekten stahlen aus: Ich bin ein Märtyrer, der viel Ungerechtigkeit ertragen muss. Ästhetisch halten sie allerdings nicht stand.

Der Höhepunkt dieser Abteilung ist der Nachbau einer Zelle, in der Ai Weiwei 81 Tage gefangen gehalten wurde. Da man sich dafür nochmal lange anstellen musste, habe ich sie nur von außen gesehen.

Dort lief auch ein von Weiwei konzipiertes und selbst gespieltes Video, in dem er seine Erfahrungen reflektiert. Es mischen sich Realität und Tagträume während der Isolationshaft. Die traumatischen Erfahrungen werden durch die Bildsprache deutlich. Das ist wieder stärker.

 


 

Lange Filme, pubertäre Fotos und Readymades

Zum Abschluss unseres Rundgangs konnte man sich Filme ansehen, die Zustände in Peking dokumentieren. So hat Ai Weiwei alle Straßen in einem vom Umbruch betroffenen Viertel Pekings abgefahren, dabei gefilmt und das Ergebnis zu einem 150 Stunden langen Film zusammen geschnitten. Ich habe ihn mir nicht ganz angesehen. Als Dokumentationsprojekt hat es möglicherweise seinen Wert, hat aber keine eigene ästhetische Sprache.

Nach einigen ähnlichen Projekten kam man in einen Raum, in dem 40 Bilder des ausgestreckten Mittelfingers des Künstlers vor meist bekannter Kulisse zu bestaunen waren. Mir war danach, diesen Teil der Ausstellung durch ein gleich gestaltetes Foto zu dokumentieren, habe den spätpubertären Gedanken dann aber verworfen.

Schließlich waren noch einige frühe Arbeiten ausgestellt, die teilweise das Konzept der Ready-mades aufnahmen. Auch in der Frühphase zeigt sich also ein Hang zum Nachbilden.


 

Noch mal Stools

Nach dem Rundgang sind wir wieder in die große Halle zurückgekehrt. Da wir inzwischen eine Vorstellung von der Konzeption der Erklärungstafeln hatten, haben wir überlegt, welches Unrecht oder welche Bedrängnis des Künstlers die Hocker darstellen sollen. Das Schild verrät, dass die Hocker teilweise mehrere hundert Jahre alt sind.

Es sind aber nur Hocker. Und sie bilden ein großartiges Kunstwerk.


 

Kritik auf hohem Niveau

Ich war am Ende enttäuscht. Ai Weiwei wird im Feuilleton als einer der größten lebenden Künstlern und als möglicherweise wichtigster chinesischer Kunstbotschafter dargestellt. Diesem Anspruch genügt er für mich am Ende nicht. Insgesamt sind die ästhetischen Mittel begrenzt, es fehlt die Eigenständigkeit, die einen großen Künstler unverwechselbar und wiedererkennbar machen. Er nimmt mehr von anderen Künstlern auf, als dass er selbst gibt.

Ai Weiwei ist ein politischer Aktivist. Die Repressionen, denen er in China  ausgesetzt wird, sind bedrückend. Große Teile der Ausstellung sind eine Reflexion der Unterdrückung des Künstlers und sind alleine weder zu verstehen, noch ästhetisch befriedigend. Die Unterdrückung bildet so die Funktionsvoraussetzung für die Kunst. Im Umkehrschluss heißt das, dass die Kunst ohne die Unterdrückung nicht funktionieren würde. Damit wäre Ai Weiwei auf die Unterdrückung angewiesen um Kunst schaffen zu können. Ein verstörender Gedanke.

Vielleicht wäre er ohne Unterdrückung aber auch in der Lage mehr großartige Kunstwerke wie „stools“ zu schaffen.

 
 Ai Weiwei – Evidence
 3. April bis 7. Juli 2014
 Öffnungszeiten
 MI bis MO 10:00–19:00
 DI geschlossen
 Ab 20. Mai: Täglich 10:00–20:00
 Martin-Gropius-Bau
 Niederkirchnerstraße 7
 10963 Berlin

 

Das Museum Lichtenberg: Tafeln hängen an Wänden

Über Dinge zu reflektieren birgt den Kern der Veränderung schon in sich. So habe ich heute auf dem Heimweg einen Zwischenstopp eingelegt und das Museum Lichtenberg im Kaskelkiez besucht. Als ich die Museumsräume betrat, wurde ich von einem Mitarbeiter angesprochen, ob ich „nur schauen“ wollte. Als ich das bejahte, hat er sich erstaunt zurückgezogen. Besucher sind wohl während der allgemeinen Öffnungszeiten ungewöhnlich. Ich weiß jetzt auch warum.

Da Museum bietet in einer Dauerausstellung einen Überblick über die Geschichte des heutigen Stadtbezirks Lichtenberg in den letzten 700 Jahren. Leider besteht es überwiegend aus Texttafeln, die nur mit wenigen und nicht immer passenden Fotos aufgelockert werden. Weiterhin stehen verschiedene Exponate aus der jüngeren Geschichte wahllos im Raum herum.

In den Texten wird versucht, die Verbindung von allgemeinen Entwicklungen zu lokalen Ereignissen darzustellen. Als jemand, für den von draußen betrachtet meist Berlin insgesamt die kleinste wahrgenommene Einheit war, war es schon interessant mitzubekommen, welche Ereignisse im Stadtbezirk verortet waren. Als weltpolitisches Ereignis war mir bisher nur die Kapitulation in Karlshorst am 08/09.05.1945 bekannt, der auch ein Museum gewidmet ist. Aber Lichtenberg war als Berliner Vorstadt Ort vieler Episoden, beispielsweise im Dreißigjährigen Krieg und während der napoleonischen Zeit. Also habe ich schon so einiges über meinen Wohnort gelernt.

Im ersten Stock war eine ebenso textlastige Sonderausstellung über Carl August von Hardenberg und Friedrich Scharnweber, die von einem zweiten Mitarbeiter bewacht wurde, ein Job den ich nur Menschen empfehlen kann, die gerne viel lesen. Die dortigen Exponate konnte ich überwiegend der Ausstellung gar nicht zuordnen. Vielleicht stehen sie auch immer dort und wurden nur in die Ecke geschoben. Leider habe ich vergessen Fotos zu machen.

Grundsätzlich befürworte ich die Einrichtung von lokalen Museen und es haben viele Städte mit weniger als 260.000 Einwohnern ein „Heimatmuseum“. Ich habe keine Kenntnis der Geschichte des Museums. Für mich stellt sich jedoch die Frage, welchen Sinn eine Ausstellung hat, wenn offensichtlich die Mittel fehlen sie nach grundlegenden museumspädagogischen Kriterien zu gestalten.

Es gibt noch weitere Dinge die ich nicht verstehe: Nach Hans und Hilde Coppie ist ein Gymnasium in Lichtenberg benannt. Trotzdem tauchen sie auf der Tafel, die dem Widerstand gegen die Nazis gewidmet ist, nicht auf, sondern sind in einer Kladde versteckt.

Mein persönliches Fazit ist, dass man mir auch ein Buch hätte leihen können, mit dem ich mich in dem schönen Innenhof in die Sonne gesetzt hätte. Mein Lernerfolg wäre mindestens so groß gewesen, aber bequemer. Das vom Bezirk gesparte Geld hätte dann sicher noch für einen Kaffee für mich gereicht. Wenn man kontrolliert, dass die Ausleiher wirklich lesen (oder zumindest Seiten umblättern), kann man sogar Nassauer abhalten. Das wäre mal eine innovatives Konzept.

Ich vermute, dass viele Lichtenberger Schüler irgendwann in ihrer Schulzeit zu einem Besuch verdonnert werden. Dieses Museum ist meiner Auffassung nach nicht geeignet das Interesse an lokaler Geschichte  zu wecken, schlimmer noch, es trägt dazu bei, Museen als Orte grauer Langeweile anzusehen.

Eine weitere Erkenntnis habe ich noch gewonnen: Ein paar Häuser neben dem Museum ist eine Tapas-Bar, die ich demnächst mal besuchen möchte.

 

 

Berlin: Das erste halbe Jahr (Politik)

Wer mich kennt weiß, dass Politik schon seit vielen Jahren zu meinem Leben gehört. Daher war für mich klar, dass dieser Bereich weiter wichtig bleiben würde.


SPD Karlshorst

Unser erster Kontakt zur SPD Abteilung war schon in meinen Pendelzeiten. Wir wollten an einem lauen Sommerabend noch auf ein Kaltgetränk in einen nahe gelegenen Biergarten gehen. Davor lief uns meine jetzige oberste Chefin über den Weg (damals natürlich noch in ihrer alten Funktion), die ich noch zu ihren Juso-Tagen erlebt habe. Wir haben uns leicht verwundert umgesehen und festgestellt, dass dort gerade das Sommerfest gefeiert wurde. Wir haben uns an den Rand gesetzt und dann das Gespräch aufgenommen. Schon dieses erste Gespräch war sehr nett, so dass wir uns entschieden haben, hier beim Bundestagswahlkampf zu helfen.

Neben der Hilfe bei den Infoständen sind wir auch zu unseren ersten Abteilungsversammlungen gegangen. Das offene Diskussionsklima hat mich sofort angezogen. In dieser Abteilung wird so viel über Politik und so wenig über Organisatorisches geredet, wie ich es noch nicht erlebt habe. Die Diskussionen sind durchaus kontrovers und bieten an manchen Stellen einen interessanten Einblick in die unterschiedlichen Sichtweisen von Zugezogenen und langjährigen Einwohnern von Karlshorst, das in den letzten Jahren sein Bild erheblich verändert hat. Oft wird (mit Referent) über ein vorher festgelegtes Thema diskutiert, immer jedoch engagiert gesprochen. Das halte ich für beispielhaft  und ist nicht zuletzt für einen Verdienst des äußerst kompetenten Abteilungsvorsitzenden Gregor Költzsch. Inzwischen bin ich regelmäßig dabei und gehe sowohl zu den Versammlungen als auch zu anderen Events.

So ist es kein Wunder, dass wir in der Abteilung einige nette Leute getroffen haben, die wir gerne nicht nur in der SPD sehen.


Forum Netzpolitik im SPD-LV Berlin

In den letzten Jahren hat sich mein politisches Interesse in Richtung Netzpolitik entwickelt.  So habe ich schon in Krefeld intensiv am dortigen Arbeitskreis Netzpolitik mitgewirkt. In einem kleinen Unterbezirk ist es schwierig, so ein Spezialthema dauerhaft zu etablieren.

Da ist die Situation im Landesverband Berlin anders. Hier sind alle politische Protagonisten vertreten und die Digitalwirtschaft ist ein wichtiger Wirtschaftszweig. Dementsprechend sind die Voraussetzungen für das Forum Netzpolitik deutlich günstiger. Das soll aber nicht die Verdienste des Sprecherkreises schmälern, der jeden Monat einen interessanten Referenten präsentiert.

Ich bin inzwischen offizielles Mitglied und gehe regelmäßig zu den Treffen. Diese sind meist öffentlich und locken eine erhebliche Anzahl von Lobbyisten an, die sich offenbar aus erster Hand informieren wollen. So habe ich den Eindruck, dass institutionelle Interessen oft stark und der „normale Internetkonsument“ eher weniger vertreten sind.

Die Diskussionen leben von den interessanten Gästen, die aus verschiedenen Bereichen der Politik oder Digitalwirtschaft kommen. Die Veranstaltungen sind öffentlich und definitiv eine Empfehlung. Ich plane eine weitere regelmäßige Teilnahme, nachdem das letzte Treffen dem Einzug von Lucy zum Opfer gefallen ist.


Netzpolitische Abende der DigiGes

Die Veranstaltungen bei der Digitalen Gesellschaft haben mich schon von Krefeld aus interessiert und ich habe mir das ein andere mal den Stream angesehen. Daher habe ich die erste Gelegenheit genutzt, dort persönlich hinzugehen. Der regelmäßige Veranstaltungsort die C-Base ist sehr nerdig und so sind auch viele Gäste.

Bei meinen regelmäßigen Besuchen habe ich dann deutlich gemerkt, dass die Qualität der Vorträge sehr unterschiedlich sein kann. Das Programm ist vielfältig. Meist gibt es 2-3 Hauptredner und einige Kurzbeiträge. Die guten Vorträge sind den Besuch immer wert, aber nicht jeder Abend ist hochklassig. So war ein von mir erwarteter Vortrag über die Situation der Blogger in der Ukraine voller Fremdschämelemente. „Höhepunkt“ war die Vorführung eines Musikvideos einer Band, die sich zur Opposition rechnete. Die Untertitel offenbarten, das die damalige Regierung mir sexistischen Metaphern beleidigt werden sollte, die überhaupt nicht pc waren. Die weitere Vorführung wurde dann von der sichtlich entsetzten Moderatorin abgebrochen.

Ich habe die Termine weiterhin auf dem Schirm, bin aber nicht sicher, ob ich unabhängig vom Programm dort hingehen werde.


 Was noch kommen soll

Es gibt weit mehr interessante Veranstaltungen, als man besuchen kann. Ich möchte da meinen Horizont erweitern. Gerne möchte ich an Symposien oder Mehrtagesveranstaltungen soweit es meine Zeit erlaubt. Auch möchte ich das thematische Spektrum wieder erweitern, insbesondere in den Bereich Arbeit und Soziales. Auch die Teilnahme an Großveranstaltungen hat oft ihren Reiz.

Politik bleibt für mich definitiv ein wichtigen Thema.