Gedenken an die Opfer von Utoya

Ich weiß noch wo ich war, als mich die Nachricht erreichte. Ich war mit einer Gruppe des Bundespresseamts auf einer Spreefahrt durch das Regierungeviertel. Das Wetter war kalt und regnerisch und die Gruppe, in der viele Jusos waren, war entsetzt. In den folgenden Stunden versuchten wir an die neuesten Nachrichten zu kommen.

Schon bald wurde das grauenvolle Ausmaß der Tat deutlich, die eine ganze Generation von norwegischen JungsozialistInnen betraf. Ich habe dann viel über den Zusammenhalt in der norwegischen Arbeiterpartei gehört, die viel mit dem Mythos Utoya zu tun hat, da ein großere Teil der Aktiven an den Ferienlagern teilgenommen hat. Diesen Zusammenhalt, der sich auch in der Reaktion auf das Geschehen zeigte, fand ich bewundernswert.

Imponiert hat mir die Haltung des Ministerpräsidenten Stoltenberg, der als Reaktion auf das Massaker mehr Demokratie, mehr Offenheit und mehr Menschlichkeit gefordert hat. Diese Größe im Angesicht einer Katastrophe hebt sich so wohltuend von all denen ab, die meinen die Freiheit zu verteidigen indem sie sie beschneiden durch mehr Überwachung und Eingriffe in die Freiheitsrechte.

Gestört hat mich die folgende Fixierung auf den Täter und seine ideologischen Motive. Die härteste Strafe für solche Menschen ist das Vergessen. Sein Name wird hier nicht erwähnt.

Was mich interessiert hätte wären Berichte über die Auswirkungen auf das Zusammenleben und auf die Arbeiterpartei. Davon habe ich viel zu wenig gehört.

Mein Gedenken gilt heute den Opfern, deren Familien und den Überlebenden.

 

 

 

 

Nachruf: Scotty ist tot

Wir haben sie gestern Abend einschläfern lassen.

Scotty auf dem Schreibtisch

Scotty auf dem Schreibtisch

Die ersten Jahre

Wir haben Scotty von einer Katzenlady bekommen, die sie mit ihrem Bruder als winzige Babys vom Friedhof eingesammelt hat. Ich erinnere mich noch an den ersten Abend an dem sie nur ängstlich in einer Kiste gekauert hat. Sie ist krank zu und gekommen und hat dann die nächsten Tage auf meinem Schoß gehockt und sich gesund geschnurrt. Seit dem hatte sie eine besondere Bindung zu mir und ich habe sie immer verteidigt.

Nach ein paar Monaten stellte sich heraus, dass der Kater eine Katze war. Ihren Namen hat sie trotzdem behalten. Sie konnte ein Biest sein, etwa wenn sie extra Sachen vom Regal geworden hat.

Als wir gut ein Jahr später Lucy geholt haben, hatten wir gehofft, die beiden würden sich gut verstehen. Scotty hat geschrieen als die die andere Katze gesehen hat. Seitdem war das Verhältnis der beiden angespannt.

In der Kategorie „Katze sein“ war Scotty nicht besonders gut. Sie ist einige Male im Garten auf einen Baum geklettert und dann nicht wieder runter gekommen. Zum Dank für meine Hilfe war ich nach den Rettungsaktionen zerkratzt aber für meine Katze war das kein Problem. Dafür hat sie die Angewohnheit, auf meinem Bein zu  liegen immer beibehalten. Sie hatte ein sehr weiches Fell und ich hatte immer mal wieder die Krallen im Bein, wenn ich nicht ruhig genug gesessen habe.

Die Krankheit

Wir wissen nicht, ob es an den ersten Wochen auf dem Friedhof lag, aber Scottys Gesundheit war immer etwas labil. Mit etwa 10 Jahren, also im besten Katzenalter, ist sie auf einmal stark abgemagert. Eine umfangreiche Untersuchung bei unserer Tierärztin ergab, dass die Leber kaputt und das Herz schwach war. Seitdem hat sie täglich Medikamente bekommen.

In der Folgezeit wurde Scotty von uns wieder aufgepäppelt. Sie ist aber bis zuletzt dürr geblieben. Dazu hat sie immer mehr Zähne verloren. Da das Narkoserisiko zu groß war, konnten wir da keine Erleichterung bringen. Vermutlich hatte sie oft Schmerzen.

Scotty

Scotty

Den Umzug nach Berlin hat Scotty gut verarbeitet. Sie war für eine Katze stark auf uns geprägt und wir waren ja da.

In den letzten Monaten ging es ihr wieder schlechter und wir haben uns zunehmend Sorgen gemacht. Diese wurden nicht weniger, da ja die Urlaubszeit vor der Tür steht. Die Katzenhüterin wurde schon eingewiesen. Leben passiert, während man andere Pläne macht.

In den letzten Tagen hat sie manchmal den Sprung auf ihren Futterplatz nicht mehr geschafft und gestern war sie ungewöhnlich aufgebläht. Wir sind mit ihr in die Tierklinik gefahren und haben sie noch mal röntgen lassen. Der ganze Körper war voll Wasser und die nette Tierärztin konnte nur empfehlen, sie von ihrem Leid zu erlösen.

Ich bin traurig. Meine Katze ist tot!

Wir sind Berlin

Wir haben es getan

Am Freitag hatten wir einen Notartermin und haben eine Wohnung gekauft. Der Verkäufer war so nett und hat uns die Schlüssel direkt übergeben. Jetzt sind wir die Besitzer, wenn auch noch nicht Eigentümer eines Stücks Berlin.

In der nächsten Zeit steht dann wohl die Renovierung der Wohnung und all die Dinge die damit zusammenhängen in unserem Leben (und damit auch in meinem Blog) im Mittelpunkt.

Wir haben in der letzten Woche Badausstellungen, Baumärkte und Fliesengeschäfte besucht. Ich vermute, dass wir uns da demnächst wie zu Hause fühlen werden. Es gibt schon jede Menge Pläne.

Wenn Du also einen guten, verlässlichen und preiswerten Elektriker, Badbauer oder Schreiner kennst, melde dich doch.

Wir freuen uns sehr und haben viel Spaß am Pläneschmieden. Ich werde hier regelmäßig berichten.

 

Bad Religion im Huxleys

Sometimes music is better than fiction

Der folgende Bericht ist eine Hommage. Der Auftritt von Bad Religion war das beste Konzert auf dem ich seit Jahren war und mir laufen immer noch Schauer den Rücken runter, wenn ich daran denke. Also Achtung: Hier spricht der Fan.

Huxley’s Neue Welt: Konzertsaal mit Stil

Ich hatte beim Kartenkauf nicht auf den WM-Plan gesehen und deshalb nicht gemerkt, dass das Konzert am Tag des dritten Gruppenspiels der Deutschen Mannschaft war. Welch ein Glück, sonst hätte ich es mir möglicherweise noch überlegt. Das Spiel habe ich mir dann in einer Kneipe an der Hermannstraße angesehen. Vielleicht schreibe ich ja noch darüber.

Huxley’s Neue Welt ist ein ein Konzertsaal mit Geschichte und einer der schönsten mittelgroßen Locations die ich kenne. Die stilvolle Dekoration entschädigt voll für den Eingang, der mich an Zugang zum Saal des Soldatenruhmes auf dem Mamajew-Hügel erinnert. Der Raum selber ist gleichzeitig auf angenehme Art altmodisch und modern und hat mich sofort eingenommen. Leider kann mein Handy keine guten Fotos im Halbdunkel machen. Daher mein Tipp: Macht Euch selbst ein Bild.

Als ich kurz nach acht ankam, spielten gerade The Ghost Rockets aus Schweinfurt. Deren Auftritt war ordentlich, aber nicht begeisternd. Es ist aber wohl auch schwierig vor einem Saal zu spielen, der sich nur langsam füllt und zudem nicht wahnsinnig interessiert ist.

The Ghost Rockets

The Ghost Rockets

Danach kamen die Broadway Killers, die netten Punk-Rock aus Dänemark gespielt haben. Mir schien es so, als ob sie sich vor allem für ihren Soloauftritt im White Trash am nächsten Abend warm spielen wollten. Ich hatte Dänemark bisher nicht als Heimat des Punk-Rock auf dem Schirm.  Es handelte sich um einen typischen Auftritt einer Vorband: Sie waren gut genug, um das Publikum einzustimmen, aber nicht so stark, als dass sie dem Mainact gefährlich werden konnten.

 

Broadway Killers

Broadway Killers

 

Bad Religion: The godfathers of punk-rock

Der mit schätzungsweise 600 Besuchern inzwischen gut gefüllte Saal ließ erahnen, dass es Bad Religion schon länger gibt: Am Eingang wurde 16-Jährigen der Eintritt verwehrt, ein Vater war mit seinem etwa 10 Jahre alten Sohn da. Die Masse war irgendwas von Twentysomething bis in die Fünfziger. Die Kleidungsfarbe war Schwarz oder Schwarz oder Schwarz. Ich fühlte mich wohl und mir ist eingefallen, dass ich mein 20 Jahre altes Fan-T-Shirt zu Hause vergessen hatte. Dabei war das mein erstes Bad Religion Konzert. Irgendwie war bisher immer etwas dazwischen gekommen. Es kribbelte wie schon lange nicht mehr. Ich hatte mich in der Mitte etwa 10 Meter vor der Bühne postiert und wartete ungeduldig.

Dann ging das Licht aus und Bad Religion kam auf die Bühne und begann zu spielen: Kein episches Intro, keine aufwändigen Lichteffekte nur Rock ’n‘ Roll. Ich war mitgerissen. Das Set begann mit „Fuck You“ von der neuen Platte „True North“, die zwar an die alten Zeiten erinnert, aber für mich keine Ohrwurm ist. Schon da war mir klar: Greg Graffin ist eine coole Sau. Er wird bald 50, hat graue Haare (längst nicht mehr alle), trägt eine Brille und hat ein Bäuchlein. Er tobt nicht über die Bühne sondern arbeitet vor allem mit Gesten. Und er vermittelt den Eindruck das Publikum, die Band, die ganze Situation jederzeit mit völliger Selbstverständlichkeit absolut unter Kontrolle zu haben. Dabei wirkte er nie arrogant, sondern freundlich und zugewandt.

Bad Religion: Greg Graffin in Pose

Bad Religion: Greg Graffin in Pose

Das Publikum ging von Anfang an gut mit. Als dann als zweiter Song mit „Modern Man“ schon ein Klassiker gespielt wurde, kam zunehmend Bewegung in die Menge. Als dann einige weitere Hits folgten, begann ich zunehmend mitzuhüpfen. Bei „21 Century (Digital Boy)“ kannte ich dann kein Halten mehr und habe mich ins Getümmel gestürzt.

Ich bin ja nicht mehr Jung und meine Pogo-Zeiten liegen schon etwas zurück, aber ich musste einfach mitmachen. Die erste Erkenntnis war: Gelernt ist gelernt, die Zweite: Die Anderen sind toll. Es ging gut ab aber es gab keine wild rudernden Tänzer. Zwei Lieder später wurde es dann etwas ruhiger, da inzwischen kein Sauerstoff mehr in der näheren Umgebung war und alle nur noch nach Luft schnappten. Zu dem Zeitpunkt war ich schon gut angeschwitzt. Das Set ging überwiegend mit gut gemischten Hits aus den letzten 30 Jahren weiter. Ich war glücklich. Ich fühlte mich lebendig. Das Adrenalin sprudelte. Es war so großartig.

Ich habe mich dann in Richtung Bühne treiben lassen, hatte irgendwann den Boden unter den Füßen verloren und stand bald direkt vor der Bühne (Beweisfoto oben). Es folgte ein Knaller auf den Nächsten und es wurde klar, dass das Publikum zu großen Teilen aus echten Fans bestand, die die Texte von allen Liedern mitsingen konnten. Ich war unter Freunden.

Bad Religion Songs sind kurz. So konnten in 1  1/2 Stunden 30 Songs untergebracht werden (Setlist). Nach einer Zugabe war das Konzert genauso unspektakulär zu Ende, wie es begonnen hat. Ich hatte keinen trockenen Faden mehr am Körper und war einfach nur begeistert. In der U-Bahn saß mir ein Mann um die 50 gegenüber, der offenbar ähnliche Empfindungen hatte.

Habe ich eigentlich schon erzählt, dass ich das Konzert großartig fand? Es war so toll, dass ich mir nicht sicher bin, ob ich nächstes Jahr wieder zu Bad Religion gehen werde, da es eigentlich nur schlechter werden kann. Wenn ich Songs vom Konzert höre, bekomme ich immer noch Gänsehaut. Danke für dieses Erlebnis.

Deutsch-Russische Festtage

Auch in Karlshorst war Pfingsten ein Fest. Es waren die achten deutsch-russischen Festtage auf der Trabrennbahn.

Karlshorst bietet sich ja wegen für solche Festlichkeiten an, da dort bis in die 90er das Hauptquartier der sovjetischen Truppen in Deutschland war. Bei diesem Fest war nur noch ein als Kosake verkleideter Mann zu sehen., Das Programm geht über drei Tage und ist recht umfangreich. Musik wird auf mehreren Bühnen gespielt, dazu kommen noch eine ganze Reihe Veranstaltungen und ein großes Kinderprogramm. Auf dem Gelände ist eine kleine Kirmes und jede Menge Buden bieten überwiegend russische Spezialitäten an. Auch wenn die Veranstaltung gut besucht ist, besteht vermutlich ein hoher Bedarf an Sponsorengeldern. Gazprom tritt als Hauptsponsor auf, einige andere russische Unternehmen werben ebenfalls breit.

Ich habe dem Fest am Pfingstsonntag einen Besuch abgestattet. Zu diesem Zeitpunkt war das Rahmenprogramm schon zu großen Teilen beendet. Auf der Hauptbühne war noch ein besonderes Event angekündigt.

Deutsch-Russische Festtage Haupttribüne

Deutsch-Russische Festtage Haupttribüne

Auf dem Gelände ist mir eine Gruppe von Menschen aufgefallen, die ich schon demonstrieren gesehen habe und die mir durch ihre völlig unkritisch pro-russische Haltung im Ukraine-Konflikt und ihre eigenwillige Frisuren im Gedächtnis geblieben sind.

Das Publikum war ansonsten gemischt: Viele Familien mit Kindern, eine Mehrheit mit russischen Wurzeln und zunehmend junge Männer. Ich bin ein wenig über das Gelände geschlendert und habe auf den Hauptakt gewartet.

Varvara

Der Auftritt von Varvara wurde überall angekündigt. Sie scheint bei den Russen recht populär und bekannt zu sein. Vor der Sängerin kam die Begleitband auf die Bühne. Mir am nächsten war ein verwegenen aussehender Musiker, der zunächst eine Felltrommel schwenkte. Er versuchte den Eindruck von Wildheit zu vermitteln so als habe das Tier aus dem die Felltrommel gemacht wurde noch gelebt, als es aufgespannt wurde. Dazu trug er ein Kostüm, das mich an die Retortenband Dschinghis Khan erinnert hat. Es sollte wohl keine Parodie sein.

Varvara selbst ist sehr blond und wurde von zwei ebenfalls sehr blonden Tänzerinnen begleitet. Deren Kostüm war wohl kaputt, denn es war vorne bis zum Nabel offen, so dass die armen Tänzerinnen dem Publikum die ganze Zeit ihre BHs zeigen mussten.

Musikalisch handelte es sich wohl (teilweise?, überwiegend?) um Popversionen von russischen Volksliedern. Das ganze wirkte wie mit Zuckerguss überzogen. Ich war nicht begeistert. Irgendwann sang sie ein Lied aus der Ukraine. Gazprom hat den Strom nicht abgestellt.

Von den jungen Männern waren inzwischen viele besoffen wie zehn Russen. Ich bin dann lieber gegangen, ohne noch ein Foto der Trommel zu bekommen.

Fazit: Deutsch-Russische Festtage sind nur so lala.

P.S.: Demnächst gibt es hoffentlich einiges zu berichten und auch wieder mehr Beiträge.